Was heutige Führungskräfte vom legendären Lakota-Häuptling lernen können
Inhalt
Wir schreiben das Jahr 1876, im Gebiet des heutigen Bundesstaates Montana. In der Schlacht am Little Bighorn trifft das hochtechnisierte US-Heer unter der Führung von George Armstrong Custer auf zahlreiche Krieger der Arapaho, Cheyenne, Lakota- und Dakota-Sioux. Unter ihnen die legendären Häuptlinge Sitting Bull und Crazy Horse (Ambrose, 2014).
Obwohl die US-Regierung den indigenen Völkern große Gebiete der Black Hills als Reservat zugesichert hatte, drangen Schatzsucher in Scharen in die Region vor. Die Black Hills gelten den Lakota als besonders heilig, was die US-Regierung jedoch nicht davon abhielt ihre Politik gegenüber den Indianerstämmen mit Gewalt durchzusetzen und das 7. US-Kavallerie-Regiment unter der Führung von George Armstrong Custer in das Gebiet zu schicken (Ambrose, 2014).
Custer und sein Regiment werden jedoch von den Indianern vernichtend geschlagen. Die sogenannte Schlacht am Little Bighorn zählt zu den größten Siegen der Indianer gegen die US-Armee (Ambrose, 2014; Langhof & Güldenberg, 2019).
In unserem Forschungsprojekt an der Universität Liechtenstein fanden wir heraus, dass in dieser Schlacht nicht nur zwei völlig unterschiedliche Kulturen, sondern auch zwei völlig unterschiedliche Führungsstile aufeinander trafen. Die historische Fallstudie, erschienen im Journal of Management History, ergab, dass Custer sehr autoritär, geradewegs diktatorisch führte, während sein Kontrahent Crazy Horse einen Führungsstil hatte, der mit Robert Greenleaf‘s modernen Ansatz des Servant Leadership (deutsch: dienende Führung) vergleichbar ist (Langhof & Güldenberg, 2019).
Unsere Forschungen zeigen ferner, dass gerade im Falle der Abwesenheit von formalisierten Organisationsstrukturen Servant Leadership einen höheren Einfluss auf Followerinnen und Follower ausübt als dies ein autoritärer Führungsstil zu tun vermag.
Gedankenexperiment
In unserem Paper verdeutlichten wir dies an folgendem Gedankenexperiment: Nehmen wir an Custer trug einem Untergebenen auf eine bestimmte Aufgabe A zu verrichten. Es stellt sich zunächst die Frage, warum dieser Untergebene überhaupt diese Aufgabe verrichten sollte. Der Untergebene verrichtet die Aufgabe aufgrund des Einflusses den Custer auf ihn hat. Dieser Einfluss speist sich im Groben einerseits aus dem Führungsstil Custers und andererseits aus der Organisationsstruktur der US-Armee. Um den Untergebenen dazu zu bringen eine bestimmte Aufgabe A zu verrichten, stützt sich Custer jedoch vor allem auf die Organisationsstruktur Regularien der US-Armee. Die US-Armee wies eine hochgradig formalisierte Organisationsstruktur auf. Es gab feste Hierarchien, den Tatbestand der Befehlsverweigerung sowie harte Strafen, die verhängt wurden. Mit anderen Worten: Custer konnte sich stützend auf die Organisationsstruktur der US-Kavallerie, sicher sein, dass seine Befehle ausgeführt werden. Sein Führungsstil, den Zeitgenossen als autoritär und geradewegs diktatorisch beschrieben, war daher in seinem Einfluss verhältnismäßig unerheblich. Crazy Horse hingegen konnte sich nicht auf eine derart formalisierte Organisationsstruktur stützen. Im Gegenteil. Crazy Horse musste sich als Leader ständig neu beweisen. Er hatte nie eine Position inne, die mit der formalen Position eines Custers in der US-Armee vergleichbar gewesen wäre, denn die Strukturen der Lakota waren verhältnismäßig lose und wenig formalisiert oder reguliert. Mit anderen Worten, angenommen Crazy Horse wollte also seinem Untergebenen anweisen die gleiche Aufgabe A zu verrichten (siehe oben), so musste er durch seinen Führungsstil einen höheren Einfluss ausüben als Custer. Und tatsächlich tat er dies auch (Langhof & Güldenberg, 2019).
Wie lässt sich diese Differenz erklären?
Wir warfen zunächst einen Blick auf den Führungsstil der beiden Protagonisten. Unter seinen Stammesgenossen galt Crazy Horse als introvertiert, zurückhaltend und eigenbrötlerisch. Sein Führungsstil zeichnete sich vor allem aus durch Bescheidenheit und Demut. Diese Selbstlosigkeit ist vermutlich auf seine Spiritualität zurückzuführen und einem damit verbundenen Gefühl seinem Volk zu dienen zu sollen. Um seine Stammesgenossen zu schützen, ritt er im sogenannten „Brave Run“ oftmals als Erstes auf das Schlachtfeld, und lenkte den Kugelhagel auf sich.
Nach Jagden soll er das gute Fleisch regelmäßig zuerst an die Kranken und Bedürftigen verteilt haben, während er sich selbst mit dem sehnigen Fleisch begnügte. Unsere Forschungen legen nahe, dass sich die Differenz im Einfluss in erster Linie durch das Vertrauen erklären lässt, welches Crazy Horse durch seinen Führungsstil aufbauen konnte. Aufgrund des hohen Maßes an Vertrauen folgten ihm seine Stammesgenossen in die gefährlichsten Schlachten (Langhof & Güldenberg, 2019).
Trotz des großen Sieges konnte die Schlacht den Niedergang der indigenen Völker nicht verhindern. Das US-Militär bekämpfte die letzten freien Lakota und Cheyenne in ihrem Krieg gnadenlos, unter anderem auch durch den Entzug ihrer Lebensgrundlage durch die Ausrottung der für sie lebensnotwendigen Bisonherden (Ambrose, 2014; Depkat, 2016).
Was bedeutet das für Unternehmen?
Die Forschungsergebnisse aus der historischen Fallstudie deuten darauf hin, dass gerade bei fehlenden oder unzureichend formalisierten Organisationsstrukturen Servant Leadership einen größeren Einfluss auf die Mitarbeitenden bewirkt als dies ein autoritärer Führungsstil zu tun vermag.
Folglich herrscht in Unternehmen mit Servant Leadership und einer Servant Leadership-Kultur ein geringerer Bedarf an Bürokratie, Regularien und Vorschriften. Transaktionskosten können dadurch deutlich reduziert werden (Langhof & Güldenberg, 2019).
Servant Leadership heute
Servant Leadership findet heute in zahlreichen Unternehmen Anwendung. Die Bandbreite der Einsatzgebiete reicht von diakonischen Einrichtungen und Universitäten über mittelständische Unternehmen bis hin zu großen multinationalen Konzernen. So gilt in der Literatur beispielsweise Starbucks als bekanntes Unternehmen, in welchem Servant Leadership praktiziert werden soll (Hartmann, 2013).
Führungskräfte, die Servant Leadership praktizieren, zeigen sich besonders empathisch gegenüber ihren Mitarbeitenden und deren Situation. Das heißt, Fehler werden nicht sofort verurteilt, sondern vielmehr als Chance gesehen, zu lernen und zu wachsen (Brommer et al., 2019; Russell, 2019).
Wie kann Lemin Führungskräften helfen, Servant Leadership zu praktizieren und eine Kultur der dienenden Führung zu etablieren?
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Literatur
Ambrose, S. E. (2014). Crazy horse and Custer: The parallel lives of two American warriors. Open Road Media.
Brommer, D., Hockling, S., & Leopold, A. (2019). Faszination New Work 50 - Impulse für die neue Arbeitswelt. Springer Gabler.
Depkat, V. (2016). Geschichte der USA. Verlag W. Kohlhammer.
Hartmann, M. (2013). Servant Leadership in Diakonischen Unternehmen. Verlag W. Kohlhammer.
Langhof, J. G., & Güldenberg, S. (2019). Leadership and the significance of formalized organizational structures. Journal of Management History, 25(3), 341–363. https://doi.org/10.1108/jmh-12-2018-0066
Russell, E. J. (2019). In command of guardians: Executive servant leadership for the community of Responders (2nd ed.). Springer.
Bilder:
Abbildung1: ‚The Custer Fight‘ von Charles Marion Russell (Quelle: Wikimedia Commons, Public Domain).
Abbildung 2: Angeblich eine Skizze von Crazy Horse aus dem Jahr 1934 (Quelle: Wikimedia Commons, Public Domain). Crazy Horse lehnte es vehemment ab fotografiert zu werden.
Abbildung 3: Custer, vermutlich um 1865 (Quelle: Wikimedia Commons, Public Domain).
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